Leichter-als-Luft-Technik im Facility Management
Der Ballonkran als Lösung für schwierige Situationen
Bei der Leichter-als-Luft-Technik denkt man zuerst ans Fliegen. Aber diese Technik kommt beileibe nicht nur bei Luftschiffen zum Einsatz. Eine Studierendengruppe an der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) hat deren Einsatz für das Facility Management untersucht und eine interessante Anwendungsmöglichkeit identifiziert – den Ballon-Kran.
Ein Ballon-Kran kann Lasten heben, senken und über eine gewisse Distanz transportieren. Er erfordert eine Drei-Punkt-Verankerung, die mobil gestaltet werden kann. Vorteil ist hierbei, dass diese Verankerung mit unterschiedlichem Höhenniveau möglich ist. Daher ist diese Verankerung höchst flexibel.
Der Ballonkran macht sich das archimedische Prinzip zunutze. Ein Körper schwebt, wenn die Auftriebskraft gleich der Gewichtskraft ist. Ist die Auftriebskraft größer, steigt der Körper, ist sie kleiner, sinkt er ab. Die Auftriebskraft entspricht hierbei der Gewichtskraft der verdrängten Masse.
Zum Schweben benötigt die Leichter-als-Luft-Technik keine Energie. Bei zunehmender Höhe sinkt jedoch der Auftrieb. Als Trägergase kommen im Wesentlichen Helium oder Wasserstoff – oder eine Kombination aus beidem – in Frage. Bei Helium beträgt die Tragkraft 1,034 kg pro Kubikmeter Volumen, die Wasserstoff 1,1165 pro Kubikmeter Luft.
Wie funktioniert jetzt so ein Ballon-Kran?
Helium und/oder Wasserstoff werden in einen Ballon gefüllt. Dieser Ballon wird mittels Seilen an 3 Punkten auf der Erde befestigt – entweder stationär oder z. B. mit 3 LKWs. Unterhalt des Ballons entsteht im Schnittpunkt dieser Befestigungsseile ein „Ankerpunkt“, an dem Lasten gehoben oder gesenkt werden können. Dies geschieht entweder durch eine Winde am Ankerpunkt oder durch Veränderung der Ankerseile. Eine Seitwärtsbewegung geschieht über die drei Ankerseile, die durch entsprechende Verlängerung oder Verkürzung mittels einer Winde den Ankerpunkt verschieben. Somit kann ein Ballonkran eine Last in drei Dimensionen bewegen.
Ein Ballonkran hat gegenüber einem konventionellen Kran Vor- und Nachteile.
Welche das sind, hat diese Studierendengruppe untersucht.
Die Untersuchung erstreckte sich auf folgende Einsatzmöglichkeiten:
- Fassadenarbeiten
- Dacharbeiten
- mobiler Kran
- Kamera, Sensoren
- Werbung
- Lichter/Antennen
- Aufzüge in Gebäuden
- Minikran in Gebäuden
- Personenrettung aus hohen Gebäuden
- Fluss überqueren, Brücke überqueren
- Kleiner Ballon in Gebäuden
Auch erfolgte zusätzlich, zum Vergleich mit einem konventionellen Kran, ein Vergleich mit Hubschrauber und Drohne.
Als Bewertungskriterien dienten hierbei:
- Kosten
- Realisierbarkeit
- Einsatzbereitschaft/Flexibilität
- Nutzen, Zweckerfüllung
- Einflüsse auf Umwelt
- Gesetzeslage
- Komplexität
- Risiko
- Wiederverwertbarkeit
- Verbrauch von Ressourcen
- Vielseitigkeit
- Marktsituation
Die Studierendengruppe identifizierte Kriterien, die den Einsatz eines Ballon-Krans sinnvoll machen:
- Auslenkung des Kranes reicht nicht für komplette Gebäude
- Ein Fundament für einen Kran ist nicht möglich
- Aufstellung des Kranes ist nicht möglich
- Schräge Flächen, zum Beispiel in den Bergen
- Das Gewicht muss eine waagerechte Strecke zurücklegen
- Kran müsste oft umgesetzt werden
- Dauerhaft in der Luft
- Es besteht ein Platzproblem beim Aufstellen des Kranes
- Der Druck des Gewichtes kann nicht auf den Boden verteilt werden
- Es sind nur Zug- anstatt Druckkräfte möglich
Die Studierendengruppe arbeitete eine Reihe von Vorteilen eines Ballon-Krans heraus:
Ein Ballonkran hat längere Einsatzdauern als Drohnen. Er ist darüber hinaus flexibler als feste Strukturen (Türme/Masten), ist leiser, sicherer und ist in skalierbare Größen einsatzfähig. Ein Ballon-Kran besitzt multiple Einsatzmöglichkeiten beispielsweise in Verbindung mit Kameras, Sensoren, Messgeräten etc. und besitzt auch große Aufmerksamkeit, die z. B. auch zur Werbung eingesetzt werden kann. Er ist umweltfreundlich, kann Lasten millimetergenau bewegen und ist multifunktional. Hervorzuheben ist auch der Imagezugewinn durch den Einsatz innovativer Technologien.
Die Technik hat aber auch Nachteile:
Der Ballonkran ist vom Wissenstand nicht so sehr gereifter als z. B. der mobile Kran.
Bei Schwerlasten benötigt man ein entsprechendes Gegengewicht. Auch könnte der Ballonkran bei starken Gewittern Risiken aufweisen. Die Wiederverwertung der Ballonfüllung ist komplex. Ohne Wiederverwertung hat der Ballonkran einen deutlichen Kostennachteil. Auf-, Abbau und Transportkosten sind einer der Nachteile eines Ballon-Krans.
Auch sind für einen Ballonkran genehmigungsrechtliche und luftrechtliche Rahmenbedingungen zu beachten.
Wann ist jetzt der Einsatz eines Ballon-Krans sinnvoll?
Es kommt hier auf die Abwägung der Vor- und Nachtteile an.
Der Ballon-Kran hat gegenüber konventionellen Kränen eine Reihe von Nachteilen, insbesondere auch auf der Kostenseite. Unter bestimmten Einsatzbedingungen kann er jedoch seine Vorzüge ausspielen. Immer dann, wenn für konventionelle Kranlösungen zusätzliche Fundamente erforderlich sind, der Standplatz für Kräne zu erheblichen Demontagen führt oder mehrere Kräne erforderlich sind, hat der Ballon-Kran deutliche Vorzüge. Vor allem in erschütterungsempfindlichen Situationen, z. B. nach Erdbeben oder Einstürzen, hat der Ballon-Kran deutliche Vorteile aufgrund seiner nahezu erschütterungsfreien Einsatzweise.
Der Ballon-Kran ist kein Allheilmittel, aber in bestimmten Situationen eine zu erwägende Alternative gegenüber konventionellen Kranlösungen, Drohnen und Hubschraubern.
Ein Ballonkran im Einsatz können Sie z. B. hier sehen: https://www.cargolifter.com/de/produkte/airkules/ oder https://www.windfarmbop.com/carrying-blades-with-a-balloon/cargolifter-2/
Bis bald, und ein schönes Osterfest wünscht Ihnen,
Ihr Prof. Dr. Herbert Einsiedler