MINT-Lücke steigt wieder
Die größten Engpässe in Energie- und Elektroberufen
Der Fachkräfte-Mangel ist nach wie vor ein Thema. Insbesondere in den MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) öffnet sich die Lücke zwischen erforderlichen Arbeitskräften und den vorhandenen Arbeitskräften wieder.
359.900 offene Positionen
Im April 2020 betrug die MINT-Lücke, so eine Untersuchung vom Institut der deutschen Wirtschaft, 145.100 offene Positionen. Im April 2021 wurden insgesamt 359.900 zu besetzende Stellen erfasst. Gleichzeitig waren bundesweit 228.500 Personen arbeitslos gemeldet, die gerne eine Position in MINT-Erwerbsberufen ergreifen würden. Aufgrund der ungleichen Verteilung ergibt sich hieraus eine Gesamtlücke von 145.00 Stellen. Die größten Engpässe zeigen sich in Energie- und Elektroberufen mit 48.200, Bauberufen mit 31.000 und IT-Berufe mit 29.000 Positionen.
Corona hatte Auswirkungen auf die MINT-Berufe
Die sogenannte „MINT-Lücke“ sank auf 107.600 Positionen, die per Saldo nicht besetzt werden konnten. Sie betrug im Minimum nur noch 45,9 % des langjährigen Durchschnitts. Bis April 2021 erholte sich die Nachfrage nach MINT-Berufen, sodass die MINT-Lücke jetzt bei 68 % des langjährigen Mittels liegt. Besonders stark fiel die Erholung in den akademischen MINT-Berufen aus. Hier liegt sie im April 2021 bei 91 % des langjährigen Durchschnitts.
Insgesamt besteht nach wie vor ein erheblicher Bedarf an Beschäftigen in den MINT-Berufen, der durch die vorhandenen Arbeitskräfte nicht gedeckt werden kann. Daher ist nicht verwunderlich, dass der Anteil der Älteren, Frauen und Ausländern an den MINT-Beschäftigten – unabhängig von Corona – stetig ansteigt.
Der Anteil der über 55jährigen an den MINT-Beschäftigten stieg von 15,1 % im Jahre 2012 auf 20,8 % bis Ende 2020. In Bayern lag der Anteil mit 18,2 % recht niedrig, wogegen Brandenburg 26,0 % erreichte. Von 2012 bis 2020 steigerte sich der Ausländeranteil bei MINT-Facharbeitern um 55,3%. In MINT-Spezialberufen stieg im selben Zeitraum die Zahl der deutschen Beschäftigten um 8,5 % und der ausländischen Beschäftigenten um 75,0 %. In den MINT-Akademikerberufen war das Wachstum besonders deutliche. Die Zahl der deutschen Beschäftigten stieg um 29.9 %, das der ausländischen um 126,2 %.
Die Zahl der Frauen in MINT-Berufen stieg von 2012 bis 2020 um 23.3 %; der Frauenanteil an allen MINT-Berufen erhöhte sich in diesem Zeitraum von 13,8 % auf 15,4 %. Auch während der Corona-Krise ist der Frauenanteil weiter gestiegen.
Steigender Bedarf in MINT-Berufen
Auch künftig ist ein weiter steigender Bedarf an Mitarbeitenden in MINT-Berufen zu erwarten. Dies liegt insbesondere am steigenden Bedarf durch die Dekarbonisierung, die Digitalisierung und des Wandels der Demographie.
Im Dezember 2020 sahen 37,3 % der befragten Unternehmen in der Energiewende, 65,4 % bei der Digitalisierung und 67,8 % bei der demographischen Fachkräftesicherung die größten Herausforderungen für die Zukunft.
Schulschließungen führten Lernverlusten
Die Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft sieht einen negativen Effekt der Corona-Krise auf die Zahl der zukünftigen Beschäftigten im MINT-Bereich. Die Schulschließungen führten zu erheblichen Lernverlusten. Empirische Analysen zeigten, dass eine Schulunterbrechung von 10 Wochen zu einem Lernverlust von 23 % führt. Es ist zu befürchten, dass ohne entsprechende Kompensationen in den MINT-Kompetenzen die coronabedingten Schulschließungen zu einem Verlust von 20 Punkten in den PISA-Kompetenzen führen. Dies würde langfristig die Fachkräftesicherung in den akademischen MINT-Berufen und in den MINT-Facharbeiterberufen belasten.
Da gerade Kinder mit bereits vorhandenen Lernschwierigkeiten besonders durch die Schulschließungen belastet wurden, dürfte es gravierende Probleme bei der Sicherung der Ausbildungsreife der Schulabsolventen geben. Das MINT-Fachkräfteangebot dürfte zusätzlich sinken, wenn die mit der Corona-Krise verbundenen schwierigeren Studienbedingungen zu steigenden Abbrecherquoten führen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Prof. Dr. Herbert Einsiedler